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Badszenen
Während sie noch gedankenverloren auf dem Bett lag, hörte sie wie in der oberen Etage eine Tür klappte. Sie kannte dieses Geräusch wie sie alle Geräusche
dieses Hauses kannte. Schnell stand sie auf und tappte mit nackten Füßen durch das Zimmer. Bevor sie es verließ, nahm sie noch einen hastigen Schluck aus
ihrer Wasserflasche. Dabei liefen ein paar Tropfen aus ihrem Mundwinkel und ihr Kinn hinunter. Sie beachtete sie nicht weiter, sondern warf die geschlossene
Flasche auf ihr Bett, wo sie mit einem dumpfen Aufprall landete. Mit langen Schritten überquerte sie den piekenden Boden, schloss mit einem lauten Knall die
Tür und spurtete die Treppe hoch. Das Platschen ihrer Füße war deutlich zu hören und setzte sich auch oben auf dem Linoleumfußboden fort. Sie schlüpfte durch
die Badtür, schloss sie hinter sich und lehnte sich erleichtert dagegen. Endlich hatte sie mal für eine Weile ihre Ruhe. Hier würde sie niemand stören.
Außerdem waren die Anderen draußen und saßen noch beisammen. Wahrscheinlich diskutierten sie wieder, dass früher alles besser gewesen war. Ruhig öffnete
sie das Badfenster, damit sich später niemand über den Nebel beklagen könnte. Dann suchte sie ihre Haarwäsche und ein Duschbad aus. Sie liebte deren
unterschiedliche Gerüche und konnte sich oft gar nicht gleich für eines entscheiden. Heute wählte sie eines mit einem sanften Fliedergeruch, das ihr immer
half sich zu entspannen. Langsam entkleidete sie sich und warf all ihre Sachen auf einen Berg. So würde sie sie später gleich in die Waschmaschine befördern
können. Mit einer schnellen Bewegung zog sie den Zopfhalter aus ihren langen rötlich schimmernden Haaren und fuhr sich mit den Fingern hindurch.
Klackend öffnete sich die Tür der Dusche und sie setze einen Fuß auf den kalten Boden dieser. Immer wieder erschauerte sie, ob dieser feuchten Kühle.
Ohne hinzusehen stellte
sie die beiden Flaschen in das Fach und drehte mit der freien Hand die Dusche auf die wärmste Temperatur. Trotzdem kam zunächst nur kaltes Wasser hinaus,
das sie zögernd über ihre Hand laufen ließ. Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus und sie hoffte, dass es diesmal nicht so lange dauern würde bis
das Wasser eine angenehme Temperatur erreicht hatte. Zum Glück schien es wirklich weniger lange zu dauern und so wagte sie sich Stück für Stück unter das
heiße Wasser. Vorsorglich drehte sie die Wärme zunächst ein wenig zurück, denn sonst würde das Wasser schnell alle sein und sie müsste kalt zu Ende duschen.
Davor hatte sie einen Horror. Genüsslich ließ sie sich von den Wasserstrahlen den Rücken massieren und entspannte sich dabei ein wenig. Ihr Kopf gab Ruhe und
kein Gedanke störte ihren inneren Frieden, während das warme Wasser über ihre Schultern lief. Von dort aus ihren Rücken hinunter strömte. Langsam verteilte
sie das Duschbad auf ihrem Körper und erfreute sich an dem angenehmen Geruch, den es verbreitete. Nach einer Weile duschte sie sich fertig und spürte die Schwere
ihrer nassen Haare, die zusätzlich noch an ihrem Rücken klebten. Wie immer genoss sie zum Schluss noch einmal eine Massage und wollte sich dann mit einem Ruck
drehen, um den Wasserhahn auszuschalten.
Plötzlich jedoch spürte sie wie ihre Knie weich wurden, ihr Herzschlag durch ihren ganzen Körper dröhnte und ahnte,
was gleich passieren würde. Kleine helle Punkte tanzten vor ihren Augen und die Welt um sie herum schien zu verschwimmen. Alle Farben verschwanden und übrig
blieben Grautöne, die nicht erkennen ließen, was sie darstellten. Sie kämpfte mit aller Macht gegen diesen Schwindel und die aufsteigende Übelkeit, versuchte
langsam zu atmen und sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Mit einer Hand krallte sie sich an der Duschstange fest, aber es half nichts.
Es wurde schwarz vor
ihren Augen und sie spürte den Aufprall auf dem Duschboden schon nicht mehr. Gekrümmt lag sie da, das Wasser rauschte weiter über ihren Körper und bot einen
friedlichen Hintergrund. Niemand bemerkte, was geschehen war. Sie saßen ja alle draußen.